Schwarzbuch Inklusion

Zitate aus der Pressekonferenz zur Vorstellung des "Schwarzbuchs Inklusion" am 4. September 2013 | Hella Lopez, Vorsitzende des elternbund hessen e.V.

„Inklusiver Unterricht produziert Gewinner, nämlich selbstbewusste junge Menschen, die in ihrer Vielfalt und mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten unser Land bereichern werden.“

„Die Definition respektive Auslese, wer in Förderschulen und wer in Regelschulen beschult werden soll, ist für mich äußerst fragwürdig. Wir brauchen keine unterschiedlichen Schulen für unterschiedliche Kinder, sondern ein Konzept, in dem alle mit ihren individuellen Leistungen angenommen werden. Unterricht mit Blick auf das einzelne Kind.“

„Die Gesellschaft muss Chancengleichheit im Bildungswesen gewährleisten und sich bewusst werden: Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht und keine Gefälligkeit.“

„Es ist eine immense Bereicherung für das ‚normale‘ Kind, ganz nebenbei zu erfahren, dass ein Mitschüler mit Teilleistungsschwäche, ein Autist oder ein Mitschüler mit Down-Syndrom nicht besser oder schlechter, sondern einfach nur anders ist, anders tickt und Aufgaben eben anders löst.“

„Das Wahlrecht der Eltern wird vollkommen entstellend interpretiert. Warum sollten wir Eltern das Recht haben oder haben wollen, für unsere Kinder eine bestimmte Schulform zu wählen? Jedes Kind hat das Recht auf sonderpädagogische Förderung, in jeder Schule, überall!“

„Wir fordern die Politik auf, die Forderung nach inklusiver Beschulung aller Kinder umzusetzen und Chancengleichheit in der Bildung herzustellen sowie zu gewährleisten. Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht. Wir fordern die Stärkung der Mitwirkungsrechte von Eltern und Schülerinnen und Schülern. Die Politik muss verlässliche Zusagen machen und ausreichende Ressourcen zur Verfügung stellen.“

Birgit Koch, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen

„Im hessischen Schulgesetz wird ein Menschenrecht unter Ressourcenvorbehalt gestellt. Das kann nicht angehen!“

„Kindern mit Beeinträchtigungen nur dann den Zugang in die Regelschule zu gewähren, wenn die entsprechenden Mittel vorhanden sind, welche die Landesregierung zugleich aber eben nicht bereitstellt, ist blanker Hohn.“

„Hinzu kommt, dass die Landesregierung unter dem Deckmantel eines inklusiven Schulwesens heimlich Sparmaßnahmen realisiert.“

„Durch den Wegfall der Klassenhöchstgrenzen (Grundschulen 20, in der Sek I 23 Schüler), die es in der Zeit des Gemeinsamen Unterrichts gab, hat das Land mal eben 350 Stellen (Regelschullehrer) weggekürzt.“

„Die GEW-Hessen setzt sich für Chancengleichheit für alle Kinder ein. Wir fordern eine Schule für alle und lehnen ein selektives Schulsystem ab. Vielfalt ist für alle eine Bereicherung.“

„Wir fordern die zukünftige Landesregierung auf, die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit Inklusion gelingen kann. Und eben hierzu ist das Land Hessen durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet.“ 

„Hessen muss sich endlich auf den Weg machen, das bestehende selektive Schulsystem in ein inklusives umzuwandeln und die chronische Unterfinanzierung in der Bildung beenden. Ohne Ressourcen geht es nicht!“

Dr. Dorothea Terpitz, Vorsitzende Gemeinsam leben Hessen e.V.

„UN-Konvention und das neues hessisches Schulgesetz geben den klaren Auftrag zur Inklusion. Der Umsetzungsprozess hat zwar vermeintlich begonnen und doch ist nichts selbstverständlich. Tatsächlich findet Inklusion nur dort statt, wo Eltern darum kämpfen.“

„Die Zahl der Förderstunden für den inklusiven Unterricht ist grundsätzlich knapp. Daher müssen Kinder oft gegen den Willen der Eltern auf die Förderschule.  Die Zahl der Bedenkenträger ist hoch, in Förderausschüssen und bei Runden Tischen zur Klärung des jeweiligen Einzelfalls kommen eine Reihe von diffusen Ängsten bei allen Beteiligten hoch. Das führt oft dazu, das ‚Experiment Inklusion‘ gar nicht erst zu wagen. Es fehlt an der Ausbildung, an der Zusammenarbeit aller Beteiligten, und es entsteht oft das Gefühl, von oben her alleingelassen zu sein.“

„Braucht ein Kind auch noch eine Teilhabeassistenz, müssen die Eltern oft den zusätzlichen Kampf mit Sozial- und Jugendbehörden aufnehmen, die ihre Verantwortlichkeiten erst untereinander hin- und herschieben und dann an die Schulbehörde zurückverweisen. Den Eltern bleibt dann nur der Klageweg und der dauert Jahre.“

„Wir fordern daher die Zusammenarbeit aller Beteiligten, eine enge Kooperation der Behörden untereinander, eine zügige Anpassung der Lehrerausbildung und einen sofortigen Sinneswandel bei der Landesregierung. Die verantwortlichen Politiker müssen sich endlich zu ihrer Verantwortung bekennen und konsequent handeln.“

„Die Umsetzung der Inklusion bei vollem Erhalt des Förderschulwesens ist nicht nur finanziell und personell nicht realisierbar. Dies widerspräche auch dem klaren Auftrag der UN-Konvention zur Errichtung eines inklusiven Bildungssystems!“

Johannes Batton, Förderschullehrer und Mitglied im Landesvorstand der GEW Hessen

„Ich bin Förderschullehrer und habe 20 Jahre im Gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern gearbeitet. Ich weiß, was möglich ist, ich weiß, dass es bei den entsprechenden Rahmenbedingungen gelingt, auch schwerbehinderte Kinder in Regelschulen gut zu fördern und dass dies ein Gewinn für alle ist. Von daher bin ich empört darüber, zu sehen, wie das Land Hessen ausgerechnet das Inklusionsgebot der UN zum Vorwand nimmt, ein Sparkonzept zu realisieren und den Inklusionsgedanken hierdurch zu diskreditieren.“

„Hessen verwirklicht nicht die Inklusion, Hessen vereitelt sie.“

„Bis vor kurzem hatte ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht Anspruch auf fünf bis zehn zusätzliche Förderschullehrerstunden. Heute muss ein Kind, für dessen Beschulung mehr als vier Stunden benötigt werden, die Regelschule wegen des Ressourcenvorbehalts verlassen. Das hat mit Inklusion nichts zu tun, ganz im Gegenteil.“

„‘Keiner will Lukas – Asperger-Kind (11) von Schulpflicht entbunden. Eltern suchen verzweifelt nach einer neuen Schule.‘ Deutlicher als in diesem Zeitungsaufmacher, der kürzlich erschien, lässt sich das desaströse Ergebnis hessischer Inklusionspolitik 4 Jahre nach Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention nicht beschreiben.“